Letztlich kristallisierte sich dann mein Projekt „Online-Musiktherapie“ heraus, welches von Seiten der Klinik wie auch vom Förderverein für krebskranke Kinder Tübingen e. V. abgesegnet wurde.
Mein Online-Format funktioniert folgendermaßen:
Ich komme weiterhin zweimal die Woche in die Kinderklinik. Aus dem Instrumentenwagen lege ich mehrere Kleininstrumente (Rasseln, Trommel, Sansula, Schellenkranz, …) in eine Kiste, die sogenannte „Rassel-Kiste“. Diese Kiste wandert auf den hämato-onkologischen Stationen von Zimmer zu Zimmer. Da ich selbst nicht persönlich die Zimmer betreten darf, helfen mir die Klinikmitarbeiter beim Weiterreichen der „Rassel-Kiste“. Von einem Büro aus schalte ich mich per Tablet direkt in die Zimmer.
Neben munterem Ausprobieren der Instrumente und gemeinsamem Musikmachen stehen derzeit auch bei den Jugendlichen viele Gespräche an – die Corona-Situaton geht an den Patienten nicht so einfach vorbei. Viele Kinder berichten immer wieder „…jetzt tragen auch die anderen einmal einen Mundschutz…“ oder „…jetzt geht es meinen Klassenkameraden auch mal so wie mir mit der Isolation…“.
Die sonst schon sehr leeren und langen Tage der Kinder wirken derzeit noch viel länger und langweiliger, da viele Angebote derzeit aussetzen müssen. Diese Vereinsamung scheint an den kleinen Kämpfern nicht spurlos vorbei zu gehen.
Doch Musik und vor allem die neue Form der Online-Therapie läuft richtig gut. Die Kinder warten mittlerweile schon sehnsüchtig auf die „Rassel-Kiste“. Es ist zwar schon etwas ungewohnt, in ein Tablet „reinzutrommeln“ oder ein Lied zu spielen, aber gerade diese Situation macht es oft ganz witzig. Die technische Verbindung hält weitestgehend durch, und wenn es mal hakt, dann wartet man eben kurz.
Nach intensiver Vorbereitung läuft dieses Angebot seit Mitte Dezember 2020. Die Kinder und Jugendlichen sind sehr dankbar und froh, dass es wieder Musiktherapie in einer „Live“-Form gibt. Doch vor allem die Eltern sind sehr begeistert von der Idee überhaupt und vor allem auch von der Kreativität. Da die Eltern (bei Kleinkindern) oft bei der Technik und dem Herrichten der Instrumente mithelfen müssen, haben diese auch weniger Hemmungen beim Mitmachen und Musizieren.
Ich hoffe doch sehr, dass ich bald wieder in Präsenz meine Musiktherapie in der Kinderklinik anbieten darf, denn eine „echte Begegnung“ kann die Online-Therapie einfach nicht ersetzen.
Die positiven Rückmeldungen der Klinikmitarbeiter (Pflege, Ärzte und psychosozialer Dienst) geben mir Mut, Kraft und Zuversicht, dass hoffentlich bald wieder eine Präsenz-Musiktherapie in „alter Form“ sattfinden kann – darüber würde ich mich sehr freuen!
Patrick Hok (Diplom-Musiktherapeut) im Januar 2021
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