Das Deutsche Kinderkrebsregister liefert genaue und verlässliche Daten über Krebs bei Kindern. Es wurde 1980 gegründet und ist an der Universität Mainz angesiedelt. Kinder werden in diesem Register flächendeckend für ganz Deutschland erfasst, wenn bei ihnen vor ihrem 18. Geburtstag (bis 2008 unter 15 Jahren) die Diagnose „Krebs“ gestellt wurde.
Häufigkeit der Krebserkrankung
Heute sind insgesamt weit über 60.000 Erkrankungsfälle und -verläufe von Kindern gespeichert. Pro Jahr werden deutschlandweit etwa 2100 Krebs-Neuerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen gemeldet.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind bis zum Alter von 15 Jahren an Krebs erkrankt, liegt ungefähr bei 0,2 %. In den ersten fünf Lebensjahren des Kindes sind Krebserkrankungen besonders häufig und liegen ungefähr doppelt so hoch wie in den Lebensjahren 6 - 15. Jungen erkranken außerdem im Verhältnis 1,2-mal häufiger als Mädchen.
Die Häufigkeiten der Krebsarten und ihre Verlaufsformen unterscheiden sich deutlich von denjenigen erwachsener Patienten. Viele Krebsarten bei Kindern sind sehr früh im Entwicklungsstadium angelegt und wachsen entsprechend der körperlichen Entwicklung der Kinder sehr schnell. Wird ein krankes Kind nicht sofort richtig therapiert, endet die Krankheit meist innerhalb weniger Monate tödlich. Obwohl der Krebs bei Kindern so aggressiv verläuft, besteht bei Kindern eine deutlich höhere Chance als bei Erwachsenen, bei entsprechender Therapie die Krebserkrankung tatsächlich zu besiegen.
Formen der Krebserkrankung
Rund 30% der Krebserkrankungen fallen auf Leukämien, gefolgt von den Tumoren am Zentralen Nervensystem (ca. 24%). Bei den Lymphomen erkranken ca. 5,5% der krebskranken Kinder am Non-Hodgkin-Lymphom (12%) und ca. 5% am Morbus Hodgkin. Andere Krebsarten, wie etwa Tumore an Nervenzellen (Neuroblastom 8%), Nieren (Nephroblastom 5,5%) und Knochen (z. B. Ewing-Sarkom) sind etwas seltener.
Erfolge in der Krebstherapie bei Kindern
Die Wahrscheinlichkeit, eine Krebserkrankung bei Kindern wirklich langfristig zu besiegen, hängt stark von der spezifischen Erkrankungsart ab. In den letzten 30-40 Jahren haben die Erfolge in der Krebsforschung die Überlebenswahrscheinlichkeit stark steigen lassen. Sie liegt heute, über alle Krebsarten betrachtet, nach 10 Jahren ab Diagnose bei über 75%.
In der Tübinger Hämato-Onkologie, einem der größten Spezialzentren in Deutschland, werden rund 100 Kinder und Jugendliche pro Jahr wegen einer Neuerkrankung, einer Leukämie oder einem Tumor therapiert. Die häufigste Leukämieform ist die akute lymphatische Leukämie (ALL) mit ca. 500 Neuerkrankungen im Jahr bei Kindern und Jugendlichen. Die Heilungschancen bei der ALL sind heute gut. Sie liegen bei rund 90 Prozent. Die zweithäufigste Form der Leukämie ist die akute myeloische Leukämie (AML) mit rund 120 Neuerkrankungen pro Jahr deutschlandweit. Hier schwanken die Heilungschancen zwischen 40 und 70 Prozent. Im Vergleich zur ALL ist die AML aggressiver.
Allgemeines zur Behandlung
Eine Krebstherapie ist nicht in wenigen Tagen oder Wochen beendet. Oft zieht sie sich über viele Monate hin. Dabei sind je nach Krebsart die oft langen stationären Aufenthalte zugunsten von stationären Behandlungsintervallen gewichen. Trotzdem bleibt, dass das kranke Kind während seiner gesamten Behandlungszeit nur sehr eingeschränkt an seinem bisher gewohnten Leben teilnehmen kann.
Heute gelten für die Behandlung der meisten Krebsarten einheitliche klinische Therapiepläne. Diese werden ständig von der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie an die neuesten internationalen Erkenntnisse angepasst und garantieren damit aktuelle Behandlungsmethoden und wissenschaftliche Untermauerung. Auf Grund des hohen medizinisch-technischen Aufwands, den eine Krebstherapie z.B. bei Knochenmarkstransplantationen benötigt, ist die Behandlung immer häufiger in großen Zentren zusammengefasst worden. Meistens sind dies die Universitätskrankenhäuser oder spezielle Kliniken in Großstädten.
Insgesamt stellen die verschiedenen Therapiearten (z.B. Chemotherapie, Bestrahlungen, Knochenmarktransplantation, Operationen, Anreicherung der Stammzellen) eine außerordentlich starke Belastung für das Kind dar, da heftige Nebenwirkungen schon während der Therapie entstehen können, z.B. Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall, Gewichtszunahme, Schleimhautveränderungen. Vieles davon hat der arme kleine Patient zu akzeptieren und zu verarbeiten. Daneben besteht noch eine Reihe von höchst unterschiedlichen und gravierenden Spätfolgen der einzelnen Therapiearten. Bei Hirntumoren etwa können durch die Strahlentherapie starke Belastungen für die späteren Lebensjahre entstehen, z.B. Lernschwierigkeiten und Wachstumsstörungen. Bei behandelten Leukämien treten in Folgejahren manchmal Knochenerweichungen (Osteonekrose) auf.
Insgesamt ist die Krebstherapie also außerordentlich belastend und, auch wenn sie erfolgreich ist, immer wieder mit erheblichen Folgeproblemen belastet.
Hilfe durch Elterninitiativen
Für die betroffenen Familien bricht mit der Diagnose Krebs eine Welt zusammen. Plötzlich treten in das junge Leben eines Kindes und in das Leben der gesamten Familie Leid und Angst vor dem Sterben. Dazu kommt noch, dass die Therapie meist in einem weit entfernten Krankenhaus stattfinden wird. Bei den Familien und den erkrankten Kindern entstehen große psychische und physische Belastungen, die verarbeitet bzw. gemeistert werden müssen.
Hier helfen an den meisten Klinikstandorten Fördervereine wie der Förderverein für krebskranke Kinder Tübingen z. B. mit einem Eltern-Übernachtungshaus. Außerdem unterstützen sie mit vielen und vielfältigen Projekten in der Klinik die Betreuung und Pflege der kranken Kinder. Intensiv kümmern sich die Fördervereine auch um die Eltern, Großeltern und Geschwister krebskranker Kinder. Ganz wichtig ist den Elternvereinen auch die Nachsorge, die viele Jahre dauern kann. Darüber hinaus könnten viele wichtige Forschungsprojekte ohne die finanzielle Unterstützung der Fördervereine nicht durchgeführt werden. Während der langwierigen Therapie können die kranken Kinder in den meisten Kliniken zwischen den einzelnen Behandlungen bei speziell geschulten Kliniklehrern versuchen, den Anschluss an die Klassenkameraden zu halten.
Stand Juli 2019
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